Seit
über einem Jahr tingelt Wendel Huber mit seinen beiden Elefanten Moçamba
und Somali durch die Schweiz. Stolz präsentiert er die "gewichtigste
Show der Welt", bei der auch drei Bernhardiner "mitspielen".
Die komödiantische
Nummer degradiert die würdevollen Tiere aus Afrika zu Clowns.
Der allabendliche Auftritt ist das eine, die erbärmliche Unterkunft
für den Rest der Zeit das andere.
Die beiden Dickhäuter sind in einem dürftigen Zelt mit Fussfesseln
angekettet; gegen vorne ist das Zelt mit einem Strom geladenen Netz gesichert.
Die Stosszähne wurden den beiden Elefanten gekürzt, damit sie
sich nicht gegenseitig verletzen können. Auch im Stallzelt müssen
sie neuerdings durch ein elektrisches Netz voneinander getrennt werden,
da Moçamba und Somali seit geraumer Zeit miteinander Streit haben.
Kein Wunder: Bei diesen engen Platzverhältnissen werden die Tiere aggressiv.
Von der Wildnis
ins Zirkuszelt
So stehen sie also da und machen einen sehr unglücklichen Eindruck
- die beiden Wildfänge aus Simbabwe. Seit 1987, damals zwei- und
dreijährig, fristen sie hier ihr trauriges Dasein zur unnötigen
Belustigung der Zuschauer während der eineinhalbstündigen Show
oder der grossen Popcorn-Orgie jeweils zum Schluss der Vorstellung. Sie
würden sich ihr Futter wohl lieber selber suchen, auf den kilometerlangen
Wanderungen, die Elefanten normalerweise in Freiheit mit ihrer Herde zurücklegen.
Natürlich glänzen Kinderaugen, wenn sie einem solch imposanten
Tier Popcorn verfüttern dürfen.
Doch der pädagogische Wert ist mehr als fragwürdig, weil die
Kinder so den Eindruck erhalten, der grösste Landsäuger der
Welt fühle sich wohl in Gefangenschaft. Kinder sollen lernen, dass
Tiere Geschöpfe mit ureigensten Bedürfnissen und Ansprüchen
sind - und nicht zur Unterhaltung der Menschen herhalten wollen.
Leiden auch in
deutschem Zirkus
Noch schlimmer erging es der asiatischen Elefantin Jenny, einem der fünf
Elefanten im deutschen Zirkus Barelli. Der Tierrechtler Frank Albrecht
hat sich seit Jahren auf Recherchen über die Tierhaltung in Zoos
und Zirkussen spezialisiert. Am 18.8.2002 verfasste er ein Tierschauprotokoll
anlässlich eines Gastspieles des Zirkus Barelli im deutschen Esslingen
(Zell), in dem er den schlechten Gesundheitszustand von Jenny festhält:
"… machte einen sehr geschwächten und instabilen Eindruck,
bewegte sich kaum. Stark angeschwollener Unterkiefer, der während
der Tierschau massiv gekühlt wurde. Zudem eine starke Verletzung
(Risswunde etwa 10 cm) an der linken Schläfe …".
Fragende Besucher erhielten von einer Dresseurin die Antwort, Zahnwechsel
hätten zur Schwellung und Vereiterung geführt. Jenny werde bereits
ärztlich betreut, sie habe Spritzen von einem Zootierarzt aus Stuttgart
erhalten.
Etwas anders hörte sich die Version eines weiteren Zirkusmitarbeiters
an: Jenny werde eines Kreislaufkollapses wegen behandelt. Während
einer Vorstellung habe sie sich dreimal gedreht und sei dann einfach zusammengebrochen
und liegen geblieben. Jenny sei sehr krank und habe aufgrund eines Geschlechtstumors
öfter solche Kreislaufschwächen. Sie werde nun von einem Tierarzt
aus Berlin mittels Akupunktur behandelt, was zu besagter Anschwellung
und Endzündung geführt habe. Laut Tierarzt sei dies aber normal.
Langeweile und
Hilflosigkeit
Ausser "Baby" durfte in Esslingen keiner der Elefanten auftreten.
Julina, Sharon und Lubni waren den ganzen Tag angekettet - bis auf eine
5-Minuten-Dusche. Sie hatten keine zusätzliche Bewegung (Auslauf/Paddock),
wie es die neue deutsche Zirkusleitlinie verlangt.
Sharon und Julina waren jeweils an drei Beinen angekettet, teils ohne
die geforderten Schutzpolster. Auch hierfür zwei verschiedene Begründungen:
Julina und Sharon hätten die Schwächung von Jenny erkannt und
seien ihr gegenüber sehr aggressiv (Rangkämpfe). Daher hätten
sie auch keinen Zugang in den Aussenauslauf, das Gefahrenpotenzial sei
zu hoch. Aggressiv?
Zum Zeitpunkt des Besuchs von Frank Albrecht waren Julina und Sharon Jenny
gegenüber sehr fürsorglich. Sie tasteten immer wieder behutsam
ihren Unterkiefer ab.
Es machte eher den Eindruck, sie seien hilflos und besorgt. Vielleicht
wollten sie Jenny durch ihr Verhalten einfach nur beschützen. Das
passt auch besser zur zweiten Version: "Julina will nicht ohne Jenny
arbeiten und ist daher sehr aggressiv."
In Ketten tot zusammengesackt
Die leidende Jenny wurde in ihrem extrem schlechten Krankheitszustand
noch mindestens einen Monat von Ort zu Ort gekarrt. Anstatt ihr Ruhe zu
gönnen, um wieder gesund zu werden, wurde sie weiterhin dem Transportstress
ausgesetzt.
Obwohl dies nicht zulässig ist: "Es ist verboten, kranke oder
verletzte Tiere zu befördern oder befördern zu lassen …"
(deutsche Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport/1999).
Am 10. September 2002 hatte Jenny keinen Lebenswillen mehr: Sie brach
zusammen und starb.
Zu sehr hatten die Schmerzen, verursacht durch die wochenlange Entzündung
ihres Unterkiefers, an den Kräften der etwa 30-jährigen Elefantin
gezehrt.
Schluss mit dem
Zirkus um Wildtiere
Die beiden Beispiele sind leider keine Einzelfälle. Deutlich zeigen
sie einmal mehr die Absurdität, Wildtiere für Unterhaltungszwecke
zu halten. Darum fordert die Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz/ProTier
die rasche Abschaffung der Wildtierhaltung in Zirkussen.
Denn unter solchen Umständen können Wildtiere keinesfalls artgerecht
gehalten werden.
Die viel zu engen Platzverhältnisse und der dauernde Umzug von einer
Stadt zur anderen bedeuten Dauerstress. Und das Lernenmüssen von
Kunststücken ist schlicht eine Demütigung der Kreatur. Tierfreunde
sollten dieses Leid nicht unterstützen - und alle Zirkusvorstellungen
mit Wildtieren boykottieren.
Weitere
Informationen zur Problematik der Elefantenhaltung in Zoos und Zirkussen
finden Sie unter http://www.elefanten-schutz-europa.de/index.htm
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